|
Was bewegt ein Cavaliere (Ritter), der Angst vor Frauen hat, so tut, als interessierten sie ihn überhaupt nicht, dann aber schnell dem
Charme Mirandolinas erliegt? Immerhin begann es im 18. Jahrhundert zunehmend als Tugend zu gelten, "triebhaften" Bedürfnissen nicht allzu schnell nachgeben zu können, das Beherrschen der Affekte gereichte
zur Ehre. Und so ist es der Phantasie Goldonis zu verdanken, daß es dem Cavaliere erspart bleibt, Mirandolina näher kennenzulernen, und das auf sehr lustige Art und Weise. Was in den Köpfen der anderen Beteiligten
herumspukt, ist natürlich auch nicht unbedigt tugendhaft. So geben die verschiedensten Wünsche und Hoffnungen der Mitbewerber um Mirandolinas Gunst Anlaß zu allerlei hektischen Verwicklungen. Noch lebhafter wird es,
als sich zwei Schauspielerinnen - damals wie heute nicht unbedingt ein "ehrenwerter" Beruf - als adlige Damen ausgeben. Das Happy-End kommt unerwartet.
Carlo Goldoni (1707 - 1793), der sich dies alles ausdachte, zählt zu den berühmtesten Komödiendichtern aller Zeiten.
"Mirandolina" wird besonders in Italien gern gesehen. Bei einem Komödienschreiber vermutet man nicht sofort, es eigentlich mit einem Juristen zu tun zu haben. Diesen Beruf jedoch übte Goldoni lange Jahre
aus, bevor er sich mehr und mehr dem Theater zuwandte. Mit diesem Schritt aber beeinflußte er sehr die Zukunft des Theaters, indem er wirklichkeitsgetreuer gesellschaftliche Bedingungen zeigte, die der Veränderung
bedurften. Die Kritik galt dem höfischen Adel, der "Kunst" der Verstellung, weitverbreiteten Intrigen, der Jagd nach Reichtum. Neben die Adligen in seinen Stücken stellte Goldoni daher bürgerliche
Menschen, deren Eigenschaften er menschlicher und aufrichtiger erscheinen ließ. Diese aufklärerischen Züge trugen - etwa zeitgleich - auch Lessings Komödien in Deutschland.
Goldonis italienische Gesellschaftsbilder vermitteln uns dank der darin enthaltenen Komik noch heute Theatererlebnisse, die sehenswert bleiben.
|