Presse zu

Harburger Anzeigen und Nachrichten - Montag, 13. Februar 1984

Vom absurden Theater zu bitterer Realität

(ebe). Zu Beginn des Abends läuft ein einziges Nashorn durch die Stadt, zum Schluß gibt es inmitten der Nashörner nur noch einen einzigen Menschen: Eugène Ionesco stellt in seinem Stück "Die Nashörner" das reine Menschsein als Heldentum dar. War das vor 20 Jahren noch absurdes Theater, so ist es heute bittere Realität. Das "Kattenberger Hoftheater", eine Laienspielgruppe mit professionellen Ambitionen im Hamburger Süden, hat sich des nach wie voe aktuellen Stückes angenommen und spielt es im Sinstorfer Geneindehaus.

Hendrik Brandt hat dei "Nashörner" auf einer einfachen Bühne Inszeniert. Er verliert sich nicht in Requisiten-Details, sondern läßt den Text spielen und vor allem sprechen. Das ist bei Ionesco nicht so einfach, denn viele Dialoge gehen über Kreuz. Und das zeigt die Grenzen des Laientheaters auf. Aber diese Klippen werden von den "Kattenbergern" bemerkenswert sicher umschifft. Obgleich natürlich die Einzelszenen dem Ensemble besser liegen als die Massenszene des ersten Aktes.

 Höhepunkt des Abends: der lange dritte Akt (viertes Blid), an dessen Ende Behringer der einzige Mensch ist, und in dem vom Darsteller des Behringer schier Unglaubliches verlangt wird. Uwe Tesch meistert das Marathon mit beachtlichem Durchhalte- und Wandlungsvermögen. Wie er sich inmitten der sich in Nashörner verwandelten Menschen behauptet, das geht unter die Haut.

Ihm ebenbürtig: Andreas Prieß als Hans, der im dritten Bild seinen großen Auftritt hat: aus Bühnensprache wird Schnaufen, aus Bühnengang wird Stampfen.Weitere herausragende Leistungen kamen von Heiner Schmidt als Logiker, Eckhard Grieger als Stech, Hendrik Brandt als Wisser sowie Katrin Aldag als Händlerin.

Unterlegt ist das Stück mit Synthesizer-Klängen. Das ergibt zu einem ein sehr naturalistisches Nashorngefauche, zum anderen wird damit Behringers großer Schlußmonolog mit Fetzen aus den verschiedensten Nationalhymnen unterlegt, womit die allgemeingültigkeit des Ionescoschen Textes abermals unterstrichen wird.

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